Hunde
als Therapie
Meine
Erfahrungen über den Umgang Kinder und Hunde
von Hermine
Weichselbaumer
Hunde waren schon immer meine große Leidenschaft. So war es für
mich nur normal, dass ich meinen Mann durch einen Hund kennen gelernt habe.
Seit diesem Tag war immer ein vierbeiniger Freund an unserer Seite
Als wir vor über 35 Jahren geheiratet haben, war eine Altdeutsche
Schäferhündin aus dem Tierheim, unser ständiger Begleiter.
Drei Jahre später wurde unsere Tochter geboren. Trotz der düsteren
Prognosen von Freunden und Verwandten, die meinten ein Kleinkind und ein alter
Hund würden nicht zusammenpassen, behielten wir die Hündin. Wir waren fest
entschlossen, diese Schwarzseher vom Gegenteil zu überzeugen. Wir waren
überzeugt, davon, dass es gut geht.
Unsere Blacky war schon 6 Jahre alt und wahnsinnig eifersüchtig
auf das kleine Menschenkind.
Da begann für uns die Zeit, in der wir uns nachhaltig und intensivmit dem Thema „Hund und Mensch Beziehung“
beschäftigten.
Wir hatten innerhalb von nur 4 Wochen mit viel Geduld und
Einfühlungsvermögen erreicht, dass
Blacky unsere Tochter voll akzeptierte und ihr größter Fan wurde. Blacky
starb mit 8 Jahren an Krebs und es kam ein Welpe aus dem Tierheim zu uns.
Unser Sohn wurde geboren und später kam auch noch eine Neufundländerhündin
zu uns.
Unsere Kinder hatten das große Glück, mit Tieren aufwachsen zu
dürfen. Es war ständig ein Hund an ihrer Seite.
Ihre Einstellung zu Tieren hat dies nachhaltig positiv geprägt.
Als unsere Kinder zur Schule gingen und wir zwei große Hunde hatten,
durften die Schulfreunde nicht zu uns kommen. Die Eltern verboten es, weil es bei
uns angeblich zu gefährlich sei, mit den großen Hunden.
Dies brachte uns auf die Idee, den Kindern doch das richtige Verhalten gegenüber den Hunden zu vermitteln. Sie sollten begreifen, dass Hunde keine Bestien, sondern
Lebewesen sind, die man akzeptieren und verstehen soll.
Bei einem Gespräch mit dem Rektor der Schule, ergab es sich, dass
wir auf diese Problematik aufmerksam machen konnten. Dem positivem
Gesprächsverlauf und der Aufgeschlossenheit des Schulleiters ist es zu
verdanken, dass wir unser Vorhaben verwirklichen konnten.
Wir wurden eingeladen, den Kindern der 2. und 4. Klasse in einer
Schulstunde, richtiges Verhalten - Hunden gegenüber zu zeigen.
Wir erklärten den Kindern wie man an einem Hund vorbeigeht, wie
man ihn füttert, warum Hunde auch mal ihre Ruhe haben wollen, dass man sie
nicht ärgert und usw. Sie lernten die Gestik der Hunde kennen und zu
akzeptieren.
Streicheln und spielen mit unseren Hunden, stand ebenfalls auf dem
Pogramm.
Anschauliche Demonstrationen über Geruchsinn, Schnelligkeit und
Kraft der Hunde wurden von den Kindern voller Begeisterung aufgenommen. Kinder
und Lehrer waren total begeistert und so wurden diese Unterrichtstunden jeweils
in der 2.und 4. Klasse abgehalten.
Durch Zufall erfuhr ein Lehrer der Schule für lernbehinderte,
hörgeschädigte Kinder von diesen Unterrichtsstunden. Er fragte bei uns nach, ob
wir dies auch bei den Kindern an seiner Schule demonstrieren würden. Selbstverständlichwaren wir einverstanden.
Da die schwerhörigen Kinder jedoch im besonderen Maße mit den Augen lernen, musste ein Programm erarbeitet werden. Dies geschah bei
Gesprächen mit den Pädagogen der Schule.
Die Kinder wurden bereits im Unterricht auf unseren Besuch mit den
Hunden vorbereitet um bestehende Ängste schon vorweg zu kennen und
entgegenzuwirken. Endlich war es soweit. Der Unterricht mit den Kindern konnte
beginnen. Für meinen Mann und mich war es ja eine Generalprobe. Wir hatten noch
nie mit Behinderten gearbeitet und wollten weder mitleidig noch unsicher
wirken.
Die Kinder selbst waren es, die uns durch ihre offene und liebe
Art, schnell unsere Unbefangenheit zurückgaben. Schon nach kurzer Zeit war das
Eis auf beiden Seiten gebrochen und die Kinder waren begeistert von unseren
Hunden. Einige nahmen ganz sacht die Welpen die wir mitgebracht hatten, in den
Arm und drückten sie an sich. Andere blieben erst mal auf Abstand zu unseren
Hunden.
Diese Kinder haben wir anschließend zur Seite genommen, einen
kleinen Hund auf unseren Arm gelegt und langsam versucht die Kinder zum
streicheln zu bewegen. Es war ein Geduldsspiel. Aber es hat sich oft gelohnt.
Die Freude der Kinder, wenn sie die Angst überwunden hatten, war für uns immer
wieder überwältigend.
Mit den erwachsenen Hunden gestalteten wir das Programm etwas
anders. Da machten wir uns den ausgeprägten Spieltrieb unsere Hunde zunutze.
Durch intensives Training mit einem Spielzeug (Bringsel oder Ball) konnten wir die Mimik unsere Hunde voll zur Geltung bringen. Für die
hörgeschädigten Kinder eine optimale Demonstration. Wir zeigten Ihnen wie der
Hund reagiert, wenn ich ihm sein Spielzeug oder Fressen wegnehme. Wenn ich
davonlaufe, rennt mir der Hund nach und betrachtet mich als Beute oder
Spielzeug. Wenn ich aber stehen bleibe schnuppert er mich an und ich bin nicht
mehr interessant. Der Hund ist ein Bewegungsseher. Er kann Bewegungen auf weite
Entfernung erkennen, aber wenn ich ganz still stehe, nimmt er mich mit den
Augen fast nicht wahr, sondern nur durch den Geruch.
Solche anschaulichen, kurzen Momente sind für den Lernerfolg bei
diesen Kindern optimal. Der Unterricht muss anschaulich gestaltet sein. .
Einen ganz besonderen Reiz zum Angst abbauen, bietet der Umgang
mit Welpen.
Immer wenn in unserer Zucht Welpen zur Welt gekommen sind,, ging
eine Einladung an die Schule uns mit den Kindern zu besuchen. Die Kinder lernen
dabei wie Hunde wohnen, was sie fressen, wie man sie kämmt und mit ihnen
spielt. Tränen beim Abschied nehmen sind dann nicht selten. Nur die Gewissheit,
jederzeit wiederkommen zu dürfen, beruhigt sie dann noch.
Ein kleines Mädchen war einmal bei einer Gruppe Kinder dabei und
stand lange Zeit teilnahmslos etwas abseits. Die Betreuer erklärten mir, dass
die Kleine noch nicht lange dabei sei und eigentlich auf gar nichts reagiert. Ich
holte darauf meine Hündin, die im Umgang mit anderen Menschen sehr liebevoll
und verschmust war. Dem Kind gab ich einfach die Leine in die Hand und gab
unserer Hündin das Kommando „fuß". Die Hündin ging problemlos mit dem Mädchen
mit und blieb an ihrer Seite. Nach einigen Schritten blieb das Kind stehen und
der Hund setzte sich neben dem Kind ab. Ein erstaunter Blick aus fragenden
Kinderaugen traf mich. "Der Hund mag mich, er bleibt bei mir" schienen die
Augen zu sagen. Ja er mag dich, sagte ich zu dem kleinen Mädchen. Ein
strahlender Blick traf mich und die Betreuer. Sie war sicher, einen Freund
gefunden zu haben. Die Betreuer blickten
überrascht zu mir. Es war das erste Mal, dass das Kind eine Regung gezeigt hat,
seit es im Heim ist.
Ein kleiner Erfolg, aber ein großes Erlebnis für das Kind.
Eine andere Gruppe, lauter Jungen im Alter von 10 – 14 Jahren kam
mit ihren Betreuern, während einer Fahrrad Tour bei uns vorbei. Als sie die
Welpen im Garten laufen sahen, fragten sie uns, ob sie mit den Welpen spielen
dürften. Einer der älteren Buben hatte panische Angst vor den großen Hunden,
aber auch vor den Welpen. Meiner Aufforderung doch einen der Hunde zu
streicheln, wollte er auf keinen Fall nachkommen. "Ich nicht, mach du" waren
seine ständigen Worte und er versteckte sich immer hinter mir, sobald ein Hund
in unsere Nähe kam. Dann holte unser Sohn Tobias seinen Langhaar Schäferhund
"Boss von der Schenkenau" den Liebling aller Kinder, zu uns nach draußen. Doch
auch Boss konnte dem Jungen seine Angst nicht nehmen.
Daraufhin bot ich den Betreuern an, jeden Tag kurz mit dem Jungen
zu kommen. Ich wollte versuchen, seine Angst abzubauen. Nach 14 Tagen war er
bereit einen Welpen zu streicheln. Auch bei den erwachsenen Hunden verlor es
seine Angst.
Nach ein paar Monaten, traf ich die Kinder bei einem Spaziergang.
Sie fragten sofort, wie es den Hunden geht, ob sie alle gute Besitzer gefunden
hätten, wie es der Hundemutti geht usw.
Viele kleine Erlebnisse mit den behinderten Kindern hab ich im
Laufe der 20 Jahre, in denen wir unser Programm machten, erleben dürfen. Dies
bestärkt mich immer wieder, dieses Programm weiterzuführen. Die Freude der
Kinder und die kleinen Erfolge sind immer wieder Ansporn für mich.
Kinder, die den Hund verstehen und kennen, werden eine angstfreie,
gesunde und vor allem Dingen vorurteilsfreie Beziehung zu ihm aufbauen können.
Ich glaube, dass dies für behinderte und nicht behinderte Kinder
gleichermaßen zutrifft.
Hermine Weichselbaumer
Veröffentlichung, auch auszugsweise nur mit meiner schriftlichen
Genehmigung
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